DEZEMBER 2024
Hallo ihr Lieben.
Gestern bin ich beim Suchen nach einer Podcastfolge, die ich mir anhören könnte, auf einen Talk zum Thema Perfektionismus gestossen. Lustigerweise hatte ich mich früher diese Woche auch mit einer guten Freundin darüber unterhalten. Es ist ein Thema, dem man immer wieder begegnet und von dem viele Menschen betroffen zu sein scheinen. Meistens hört man Stimmen von den Perfektionist*innen selbst, die sich halb stolz, halb klagend selbst diese Definition zu schreiben.
Was ist denn überhaupt eine Perfektionistin? Laut ChatGPT ist dies
“eine Person, die einen sehr hohen Anspruch an sich selbst und ihre Arbeit hat und stets danach strebt, alles fehlerfrei oder ideal zu machen. Perfektionist*innen neigen dazu, Details zu überbetonen und sich stark mit der Qualität ihrer Leistung zu identifizieren. Oft setzen sie sich selbst unter grossen Druck, um ihre hohen Standards zu erfüllen, und sind unzufrieden, wenn sie das Gefühl haben, nicht das bestmögliche Ergebnis erzielt zu haben.”
Can you relate? Ich muss an dieser Stelle sagen, dass ich definitiv KEINE Perfektionistin bin. War ich noch nie. Für Sachen, die mir nicht wirklich von Bedeutung scheinen, ist es mir schlichtweg zu blöd, zu viel Zeit und Energie reinzustecken und ich komme dann ziemlich rasch an den Punkt, an dem ich mir denke “das passt schon so”. Ich bin wohl eine Minimalistin. Ich mache meine Sachen gut, oft auch besser als gut, aber immer mit möglichst minimalem Aufwand. Ich hatte nie diesen inneren Trieb, dass alles perfekt sein muss. Vielleicht hat es damit zu tun, dass meine Eltern uns wohl immer motiviert haben, unser Bestes zu geben, aber mich auch lobten, wenn ich bei einem Test eine 5 und nicht nur, wenn ich eine 6 geschrieben hatte. Vielleicht ist es reine Faulheit oder Ungeduld, die mich meistens davon abhält, die “extra Mile” zu gehen. Vielleicht ist es auch ein unbewusster Schutz. Indem ich mich klein halte, nicht wirklich ALLES gebe, bin ich weniger anfällig für Kritik oder fürs Scheitern. Denn solange man nicht wirklich ALL IN geht, ist es auch weniger schlimm zu versagen, denn man hat ja immer noch die Ausrede, dass man sich auch nicht wirklich Mühe gegeben hat.
Perfektionismus kann sich natürlich in ganz unterschiedlichen Formen zeigen. Frauen, die ja eher auf Bindung programmiert sind, streben Perfektion öfters bei ihrem Aussehen oder in ihren Rollen in Beziehungen an. Männer hingegen unterliegen generell mehr Druck, wenn es um Arbeit oder Status geht.
Bringen es Perfektionisten also zu mehr? Sind sie erfolgreicher, schöner, klüger, fitter, ambitionierter, beliebter? Zahlt sich die ganze Mühe wirklich aus - in Form von Anerkennung, Liebe, Ansehen, Erfolg, Geld… - oder zahlen sie dafür einen zu hohen Preis?
In der Psychologie weiss man, dass Perfektionismus meistens eine unbewusste Schutzstrategie ist. Obwohl es auch Menschen gibt, die mit einer Veranlagung für viel Struktur und Kontrolle geboren werden, ist es bei den meisten wohl doch das Umfeld, in dem wir aufwachsen, das uns schon von klein auf das Gefühlt gibt, nur wenn wir viel LEISTEN, werden wir geliebt, werden wir gesehen und bekommen Anerkennung. Manchmal lassen Eltern Kinder direkt wissen und spüren, dass sie sehr hohe Ansprüche an das Kind haben. Manchmal wachsen Kinder aber auch in einem sehr leistungsorientierten Umfeld auf und lernen so indirekt, dass man nur mit überragender Leistung wertvoll ist. Kinder sind unglaublich clever und tun alles, um ihren Eltern zu gefallen. Darunter liegt natürlich der ultra menschliche Wunsch nach Liebe und Anerkennung. Diese Muster tragen wir bis ins Erwachsenenalter mit. Wenn wir also immer noch das Gefühl haben, wir sind nicht gut genug oder wir verdienen keine Liebe, solange wir nicht perfekt sind, probieren wir um so verzweifelter, unsere Unsicherheit und internalisierte Unzulänglichkeit mit makellosem Auftreten und überdurchschnittlichen Leistung wettzumachen.
In unserer kapitalistischen Leistungsgesellschaft und in der modernen Cyberwelt von Social Media wird uns Perfektion als Weg zu Glück und Ruhm versprochen. Das Problem ist, dass Perfektion unerreichbar ist und dass selbst makellose Körper und top Leistungen keine Garantie für Liebe sind. Noch können sie das verletzte innere Kind oder das fehlende Selbstwertgefühl nachhaltig heilen.
In einem Leben, in dem sich heute so viel um Selbstoptimierung dreht, sollte man sich immer mal wieder fragen: Tue ich das gerade, weil ich richtig Lust drauf habe und die Motivation wirklich von meinem eigenen Inneren kommt? Oder sind es die “autoritären Stimmen” in meinem Kopf, die mich mir Angst machen und mich zwingen, Sachen zu tun, die mir eigentlich gar nicht so viel Freude machen, von denen ich aber glaube, dass sie mir Anerkennung bringen werden?
Ich wünsche mir, dass wir alle lernen können, liebevoll und nachsichtig mit uns selbst zu sein und die hohen Ansprüche an uns selbst auf ein ausgeglichenes Level zu bringen. Natürlich darf man ambitioniert sein und sich hohe Ziele stecken und manchmal darf man aber auch sagen: “It’s good enough” - es ist nicht perfekt, aber es ist gut genug.
Let us be perfectly imperfect together!
Much Love,
Vanessa
Was sind deine Gedanken dazu? Magst du deine Erfahrungen, Gedanken oder Kommentare zu diesem Thema mit mir teilen? Sende mir eine Mail oder kommentiere diesen Blogbeitrag (Du musst dich via Button oben rechts "Anmelden/Registrieren" um Kommentare schreiben zu können.)
I would LOVE to hear!
Comments